Die Schaustellerei Maria Anzbach besteht aus 15-20 Personen, die in wechselnder Besetzung bis 2022 unter der Leitung von Julia Vogl an verschiedenen Aufführungen arbeiten. Seit Sommer 2022 hat Jürgen Heigl die Theatergruppe übernommen. 

Die nächste Premiere kommt

Und schon jetzt sei verraten: wir kennen den Titel, aber wir halten vorerst einmal die Spannung

Zuletzt gespielt: Der Kirschgarten

Komödie in vier Akten von Anton Tschechow

Vor der nächsten Ankündigung gibt es hier eine kleine Fotostrecke zu den ausverkauften Vorstellungen und einer flugs eingeschobenen Zusatzvorstellung 

(Farbfotos: Edi Riedl, Schwarz-weiß-Fotos: Christian Skalnik) 

 

Früher war alles besser. Wie oft hören wir diesen Satz. Und gerade heute, angesichts einer sich immer schneller verändernden Welt, einer ungewissen Zukunft, kommt Sehnsucht nach der guten alten Zeit auf. Denn Veränderungen verunsichern, und die Vergangenheit bietet im Rückblick ein Stück Sicherheit, das Halt gibt.


Tschechows letztes Theaterstück um die verarmte Ranjewskaja, die „die Augen vor der Wirklichkeit verschließt, bis die Wirklichkeit sie einholt“, zeigt die Unvereinbarkeit von alter und neuer Zeit, gepaart durch sowohl Tragik, als auch mit Humor.


Über lange Zeit hat die Gutsbesitzerin Ranjewskaja Schulden angehäuft. An der Versteigerung des Kirschgartens, der seit Generationen im Besitz der Familie ist, führt scheinbar kein Weg vorbei.


Der Ausweg, den der Unternehmer Lopachin vorschlägt, wird negiert. Wissend um den baldigen Verlust des Ortes, mit dem viele schöne, wie auch schmerzliche Erinnerungen verbunden sind, verbringt die Familie den letzten Sommer inmitten des Kirschgartens und lässt einen entlarvenden Blick auf die untergehende Welt des russischen Adels und einer sich der Realität verweigernden Gesellschaft zu.

 

Warum ein Werk eines Russischen Autors?

Ja, ein Stück eines Russischen Autors. Nun gut, Anton Tschechow ist 1904 gestorben und schon deshalb weder für den Putin-Krieg gegen die Ukraine verantwortlich, noch in der Lage, wie viele heutige russische Künstler*innen, sich davon zu distanzieren. Auch wurde das Stück von Julia Vogl Jahre vor dem Krieg ausgesucht.


Aber beide Antworten greifen zu kurz.

Warum sind wir dabeigeblieben, auch nach dem 24. Februar 2022?
Die Schaustellerei Maria Anzbach hat seit Beginn ihres Bestehens auf Theaterstücke gesetzt,  von denen viele keine leichte Kost waren und oftmals gesellschaftliche Absonderlichkeiten, Lebenslügen und deren Demaskierungen ins Zentrum ihrer Inszenierungen gestellt haben:  Da war die Verlogenheit der patriarchalen bürgerlichen Ehe in Ibsens „Nora“,  die Widerwärtigkeit des Kleinbürgerlichen in den „Geschichten aus dem Wienerwald“, das schockierende Psychogramm einer fanatisierten Dorfgemeinschaft in der „Hexenjagd“, die lächerliche Hypochondrie im „Eingebildeten Kranken“ und jetzt eben – topaktuell – die Einblicke in die russische Seele, wie wir sie literarisch verarbeitet in einer faszinierenden Verdichtung erleben.


Tschechows scharfsinniger Blick, wiewohl 120 Jahre alt, führt uns eine russische Gesellschaft vor Augen, in der vieles dem Untergang geweiht ist. Die abgehalfterten Besitzenden erkennen die Zeichen der Zeit nicht und leben in ihren dekadenten Traumwelten, die Armen sind teils gewitzt, teils opferbereit, teils aufbegehrend, Opportunisten machen rasches Geld, Neues erscheint am Horizont, vieles ist unklar, die Besitzenden prügeln ihre Untergeben, das ehemals große und starke Reich gibt es nicht mehr (oder hat es vielleicht nie existiert?). Ist Tschechows Russland 1903 etwa Russland 2023? Machen Sie sich selbst ein Bild.  

Besetzungsliste

 

Ljuwbow Andrejwna Ranewskaja, Gutsbesitzerin: Susanne Wimmer

Anja, ihre Tochter: Lena Aschauer

Warja, ihre Ziehtochter: Anna Sagmüller

Leonid Andrejewitsch Gajew, ihr Bruder: Rainald Tippow

Jermolaj Alexejewitsch Lopachin, Kaufmann: Helmut Zettl

Pjotr Ssergejewitsch Trofimow, Student: Alexander Bokor

Borislava  Ssimeona-Pischtschik, Gutsbesitzerin: Sabine Tippow

Scharlotta Iwanowna, Gouvernante: Rita Heese

Ssemjona Pantelejewitsch Epichodow, Buchhalterin: Rosi Dattler

Dunjascha, Stubenmädchen: Maja Vogl

Firs, alter Lakai: Gerhard Selner

Jascha, junger Lakai: Luciano Drimal

Mit den beiden Erfolgsserien "37 Ansichtskarten", sowie "Das Hotel zu den zwei Welten" mit Tourneen in Wien und Niederösterreich startete die Schaustellerei. Mit einer erfreulichen Erweiterung unserer Truppe, folgte der nächste Streich: Werner Schwabs "Die Präsidentinnen", sowie das Ein-Personen-Stück "Die Statistin".

 

Im März und April 2014 waren wir mit "Der Gott des Gemetzels" fast durchwegs ausverkauft. Im Mai 2014 stand die "Geschlossene Gesellschaft" von J.P. Sartre auf dem Programm.

 

Als weitere Produktionen zeigte die Schaustellerei im September 2014 die hinreißende Kömödie "Der eingebildete Kranke" von Molière, im Jahr darauf  "Geschichten aus dem Wiener Wald" und schließlich 2016 "Der letzte der feurigen Liebhaber" und die "Hexenjagd". 

2017 wagten wir uns mit "Der nackte Wahnsinn" an unsere erste Boulvardkomödie. 2018 erschütterte zuerst Nora oder ein Puppenheim und im Herbst Antigone das Publikum. 

 

Das war das erste Jahrzehnt der Schaustellerei Maria Anzbach. Im Frühjahr 2019 stand "Terror" auf dem Programm, im Herbst "Das Konzert", mit einer Wiederaufnahme im Frühjahr 2020. Das letzte Stück "Der Vorname", unter der Regie von Julia Vogl kam im Oktober 2021 zur Aufführung.