Geschichten aus dem Wiener Wald

 

von Ödön von Horváth

 

Horváths bekanntestes Stück, geschrieben und angesiedelt Ende der 1920er Jahre, in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, nach dem Zerfall der Monarchie und vor der Machtübernahme der Nazis, wurde 1931 in  Berlin uraufgeführt.

 

Dieses bitterböse, tragikomische Stück eröffnet den Einblick auf eine Gesellschaft im Umbruch, auf die Spießigkeit des Kleinbürgertums, ihre Klischees und stellt auf grausame Weise deren Verlogenheit zur Schau. Sehr klar ist erkennbar, dass die vermeintlich gemütliche Wiener Welt nicht real ist. Hier spielen sich Tragödien ab, die hinter den Masken gespielter Höflichkeit, Scheinheiligkeit und Doppelmoral den Alltag bestimmen und Leben zerstören.

 

In der Uraufführungsrezension schrieb Alfred Kerr, Horváth male ein ganzes Volk. Alle. Alle. Alle.

 

Und Erich Kästner schrieb in der „Neuen Leipziger Zeitung“

Er übernahm die aus Filmen, Operetten und Dramen bekannten pensionierten Rittmeister, die süßen Mädel, die nichtsnutzigen Hallodri, die familiensüchtigen Kleinbürger; er übernahm den Plüsch, aber er klopfte ihn aus, dass die Motten aufflogen und die zerfressenen Stellen sichtbar wurden. Er zeigte die Vorder- und die Kehrseite der überkommenen Wiener Welt. Er ließ diese Leute ihre Lieder singen, ihren plauschenden Dialekt sprechen, ihre Heurigenlokale trunken durchwandern und zeigte darüber hinaus die Faulheit, die Bosheit, die verlogene Frömmigkeit, die Giftigkeit und die Beschränktheit, die hinter und in jenenmarktgängigen Eigenschaften stecken.